Limnoterra
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Dr. H. Tremp
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71083 Herrenberg

 

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Bäume in Stuttgart

Mit einem Gegenentwurf zu solchen städtischen Grünkonzepten, die ökologische Prinzipien ignorieren und damit leider Symbolökologie sind, vertritt Limnoterra keine normative Stadtökologie, sondern ermuntert, das übliche Planungskorsett abzustrei-fen und um die Option "Wilde Bäume" - jene Gehölze, die sich ohne Zutun des Menschen ansiedeln - wenigstens zu erweitern. D.h. ganz ohne Tiny-Forests,  Miya-waki-Methode, Horizontalbäume und andere Begrünungsmethoden, die - je fragwür-diger umso attraktiver - von Gemeinderat, Verwaltung und besonders von Stuttgar-
ter Förderausschüssen präferiert werden.
 

Ein solcher Ansatz ist nicht besser oder schlechter als immer dieselben Baumschul-bäume zu pflanzen. Nur, wilde Bäume bzw. Gehölze sind autonom, d.h. für ihr Über-leben sorgen die von uns gewährten Voraussetzungen am Wuchsort, nicht die hohen
Erhaltungskosten (zumal noch an Fassaden u.a.). Schaut man sich die hier bereit-
gestellten Bildergalerien an, wird sofort klar, dass diese ungewollten Bäume bislang wirksamer für die Klimaanpassung der Landeshauptstadt aktiv waren, als viele Mill-

ionen €uro Projektförderung für vom Stuttgarter Klimainnovationsrat bewilligten Klima-Projekte.1 

 

 

Ob Autonomie im durchgestalteten Stuttgart überhaupt zulässig ist, können Stadt-gesellschaft, Gemeinderat und Stadtverwaltung glücklicherweise frei entscheiden.
Es ist aber zu hoffen, dass durch in den letzten Jahrzehnten gewachsene vertiefte Einsichten in ökologische Zusammenhänge und Verständnis von Größenordnungen (ob wirklich?), nicht mehr jedes in die Horizontale gezwungene, mobile, oder tiny-Bäumchen als zukunftweisend bejubelt, sondern Möglichkeiten und Grenzen stadtkli-matischer Adaption doch wenigstens mit der gebotenen professionellen Ernsthaftig-keit kommuniziert werden. Bis zur Umsetzung ist der Weg dann noch lange genug.

 

Bei jüngst beschlossenen Mittelfreigaben für die bauliche Existenzsicherung von 64 Bäumern, schlägt ein Baum mit rd. € 8400 zu Buche. Das entspricht dem Immobi-lienpreis von einem Quadratmeter in der Stuttgarter Königstraße. Nachvollziehbar ist dies nicht, auch deshalb, weil die durchgestylten Bäume nicht alt werden. 

 

Die jüngst veröffentlichte zirkuläre Bioökonomiestrategie der Stadt, die das Stock-
holmer Modell
 bei Neupflanzungen von Straßenbegleitgrün präferiert, lässt hoffen, ist bislang aber lediglich eine Absichts-Erklärung.

 

Nimmt man sich die zweifellos richtigen Prinzipien einer nördlichen Stadt am Meer als Vorbild, ist es - jedenfalls gefühlt - schon ein bisschen kühler.

 

 

Kontext

Bäume sind ein bewegendes (Wanderbaumallee), wichtiges (Stadtbäume) und von der Stadtverwaltung in Stuttgart (Baumkataster) viel beachtetes Thema. Stuttgart ist eine einigermaßen grüne Stadt (im Ranking der Großstädte Deutschlands Platz 45 von 79) mit von der Deutschen Umwelthilfe DUH (Hitzecheck) hoch eingeschätz-tem Grünvolumen (m³ Grünstruktur/m² Stadtfläche), wobei das Stadtzentrum - dort wo ein Großteil der Menschen leben und arbeiten - deutlich abfallen dürfte.

 

Stadgebiet Stuttgart

Für Stuttgart (wie für jede andere Stadt auch), macht es einen Unterschied, ob als Berechnungsgrundlage für das Grün-volumen die

administrative Stadtfläche 

(Stuttgart - die Großstadt zwischen Wald und Reben), oder etwa die


Siedlungs-, Gewerbe und Verkehrs-
fläche
 

der Kernstadt herangezogen wird.

 

 

 

 

Im Falle der Kernstadt-Orientierung, würde Stuttgart statt der orangen, wohl die rote Ampel erhalten.

 

Geht man überschlagsweise von einer administrativen Stadtfläche von 20.000 ha aus, entfallen 50% auf Siedlung und Verkehr (Quelle: Stadt Stuttgart 2023).
Die anderen 50% sind von Vegetation - die Hälfte davon Forst - bedeckt.
Die folgenden Karten zeigen: das Grünvolumen von im Mittel 4,19 m³/m² (DUH)
liegt eher peripher. Insbesondere s
tadtnahe Wälder mit durchschnittlich 8 m³/m² füttern in den Randgebieten (Grünvolumen bis zu 1 km Entfernung wird bei Berech-nung des HBI - Hitze-Betroffenheits-Index - berücksichtigt) diesen Parameter.
Daher wohl der hohe Wert für Stuttgart insgesamt.

 

 

Dabei geht es nicht um die Richtigkeit der Eingangsdaten des insgesamt nützlichen Hitzechecks 2025 der DUH, sondern um die Art- und Weise der Aggregation bzw. Indexbildung und darauf aufbauend der Interpretation. 

 

Den Stuttgarter Zeitungen "Ludwigsburg erhält die rote Karte", oder dem SWR, der sich schwerpunktmäßig den "Flop-Ten" widmet, sind weitergehende Überlegungen fern, für sie zählt nur rot, orange, grün. Komplexe Klima-Analysen und Hitze-Checks werden unmittelbar von den Medien, der Politik und Umweltadministration aufge-griffen.Quellenangaben werden meist nur abgenickt, selten geprüft.

 

Ein weitgehend unberücksichter Aspekt beim Grünvolumen, ist die Biologie. Grünvolumen kühlt nur bei vorhandener Evapotranspiration, im Falle ausreichender Wasserversorgung der Bäume. Nur: Stadbäume in begrenztem Bodenvolumen gera-ten schnell ins Defizit und schließen ihre Spaltöffnungen bei großer Hitze. Leider ge-nau dann, wenn wir auf die vorhergesagte Kühlung hoffen.

 

Klimaanpassung muss schon daher in viel größeren Zusammenhängen (z.B. lokale Wasserressourcen) gedacht werden.

 

 

Stuttgart-Innenstadt. Der Hitze-Betroffenheits-Index (HBI) spart Flächen aus, wo zwar kaum Menschen wohnen, dafür in höchster Dichte leben (Daten: DUH 2025)

Vulnerabilität (Verletzlichkeit) der Be-völkerung wird neuerdings über den Hitze-Betroffenheits-Index (HBI) prog-nostiziert.

Er wird aus den bundesweit verfügbaren Daten

 

  • Oberflächentemperatur
  • Grünvolumen (s.o.)
  • Versiegelung
  • und Bevölkerungsdichte

 

für 100x100 m² Rasterflächen (ha) berechnet.

 

 

 

 

 

 

Zellen, die eine Bevölkerungszahl (Wohngebiet) von Null ergeben, werden dabei nicht berücksichtigt. Unmittelbar fällt bei der Stuttgarter HBI-Karte (Daten von Deutscher Umwelthilfe freundlicherweise zur Verfügung gestellt) auf, dass wenig-stens 15% der Rasterfelder in Stuttgart Mitte (Stuttgarter Königstraße) oder auch Feuerbach und der Canstatter Wasen bzw. Fußballstadien keinen Index erhalten.

 

Auch wenn dies keine Wohngebiete sind, halten sich viele Menschen dort tagsüber auf. Im digitalen Klimaatlas der Stadt Stuttgart werden diese Flächen als Schwer-punkt-Arbeitsorte bezeichnet. Da von entsprechenden Örtlichkeiten keine Daten zur Altersverteilung (Menschen über 65 Jahre gelten als besonders betroffen) vorliegen und die Personendichte stark schwankt, fallen sie auch hier aus dem Raster.


Intuitiv würde Limnoterra sagen, dass an Orten, bei denen an Hitzetagen höchste Personen- und Verkehrsdichten auftreten, mit hoher Wahrscheinlichkeit eine hohe Betroffenheit vorliegt.
Ggf. ist dies so selbstverständlich, dass man auf die Darstellung einfach verzichtet.

 

Auch wenn es im Stuttgarter Zentrum oder in Feuerbach immer schon etwas heißer ist, lässt sich das im Bewußtsein, dem bundesdeutschen Städte-Mittelfeld anzuge-hören, viel besser verkraften.

 

 

Zurück zu den Bäumen

 

Zu dem Komplex Baumpflanzung/Klimawandel/Nachhaltigkeit sind ergänzende Überlegungen sinnvoll, die das Thema vom

 

  • öffentlich-politischen (...mehr Grün, mehr Bäume, Stadtbäume retten...)
  • gärtnerisch-planerischen (...schmale Krone, ornamental...)
  • in den ökologischen Bereich (ökologische Prinzipien & Stadt)
     

erweitern. Dies vor dem Hintergrund, dass Vegetation der Stadt von Planern, Archi-tekten und Stadtverwaltungen als grüne Infrastruktur wahrgenommen, ein Eigenle-ben zwar vermutet, aber selten toleriert wird. Welcher Architekt/Planer lässt sich schon seine Gestaltungsautonomie - zumal von Pflanzen! - beschneiden.

 

Die allgemeine "Problemanalyse Stadtbaum" ist abgeschlossen. Die Frage, wie das Miteinander von Menschen, Haustieren und Bäumen in der Großstadt verträglich ge-lingt, offen. Die Vorschläge von National Geographic und Baumexperten, Anwohner-Gießgemeinschaften für Bäume zu bilden, kein Streusalz zu verwenden, den Hund nicht immer an den selben Baum pinkeln zu lassen, das Fahrrad wg. Rindenschäden nicht an einen Baum zu ketten und die Baumscheibe einzusäen, zielen auf kollekti-ves Wohlverhalten und Verständnis für die Lebensumstände eines Baumes.
 

Reicht das?

 

 

Durch räumliche Restriktionen, wie Ver-sorgungsleitungen, Verkehr u.a., werden Bäume nur noch auf wenigen Eignungs-flächen gepflanzt. Was Wunder also, daß die Flucht in die architektonische Vertika-le, zunehmend attraktiv erscheint. Auch die Idee mit horizontalen 1,4-Meter-Ligu-ster-Sträuchern Klimawandel-Anpassung betreiben zu können, wird im Bioökono-mie-Gleichklang medial zelebriert.

 

 

 

 

 

 

 

Akademiker, die noch in der Lage sind, eine kritische Distanz zu ihren Projekten zu pflegen und rechnen können, sollten gegen ausschließliche Geschäftemacher oppo-nieren. An Universitäten ist man sich dafür zu fein. Eher mischt man im Trüben mit, um wenigstens noch noch öffentliche Mittel zur Klimaanpassung abzugreifen. Alles andere bringt schließlich keine Reputation.


Technische Lösungen eines Nebeneinander - Versorgungsleitungen und richtigen Baumwurzeln/richtigen Bäumen - gibt es, finden sich aber in keinem Stuttgarter Konzept. In diesem Zusammenhang wird auch die weit verbreitete Auffassung hin-terfragt, Natur in der Stadt bedürfe laufend unserer Hilfe, andernfalls in Hitzesom-mern alle Bäume verdursten würden.

 

Welche Einzelmaßnahmen die Landeshauptstadt Stuttgart zur Anpassung an den Klimawandel heute präferieren soll, ist hier nicht Gegenstand. Hingegen wird ver-sucht, allgegenwärtige, leider nur scheinbar plausible Positionen, die laufend im
Zusammenhang mit "Grün/Natur in der Stadt" geäussert werden, zu relativieren.


So wäre es an der Zeit, Stuttgart in seinem Wassereinzugsgebiet (Nachhaltigkeitsdi-mension!) als Ausgangspunkt einer flächenwirksamen Klimaanpassung zu verstehen. Die städtische Förderung von Entsiegelungsmaßnahmen ist daher sinnvoll, hingegen sind es die im medialen Fokus stehenden Nischenprodukte wie Wassersack-Bäume, Horizontalbäume, oder bewässerte Dachwälder und Mooswände nicht. Vielleicht braucht es aber solcher - ökologisch betrachtet - Kuriositäten, um den sehr langen Weg zu nachhaltiger Klimawandel-Anpassung kurzweiliger zu gestalten und das Ver-trauen, nicht etwa in Baumphysiologie, sondern in Bewässerungstechnik, zu fördern.


Grundsätzlich gilt, dass, was alle unbedingt schützen wollen und gar nicht in der Stadt vermuten - natürliche Prozesse - nachhaltiger funktionieren als Technogrün.
Spontane Gehölzaufkommen pfeifen auf
 

  • Innovative Grünideen (dabei geht es oft nur ums Geld)
  • Wissenschaft (stagniert bei hoher Komplexität oft in der Problembeschreibung)
  • Architekten und Planer (Grün im Griff bei meist hohen Folgekosten).
     

Sie benötigen nicht allein der städtischen Verwaltung und ihrer Gärtner, sondern einer verständigen Stadtgesellschaft und der zeitgemäßen Auseinandersetzung (z.B. Kowarik et al. 2021) mit der Ökologie aktuell ablaufender, bzw. längst abgelaufener Invasionsphänome. Auch die nur vordergründig verständliche restriktiv-konservative Haltung von Umweltverbänden und Umweltbehörden gegen neophytische Gehölze engt Handlungsspielräume ein.


Wohlbemerkt: Hier geht um Gehölze in der Stadt - nicht im Offenland nicht im Forst.

 

Epitaph

 

„Vor unserem Haus wuchs ein schöner, gesunder Blauglockenbaum, der Vögeln und Stadtbienen Unterschlupf und Nahrung bot – heute wurde er gefällt….


Wenn ich den Baum vor unserer Haustür nicht retten kann, wie soll ich verhindern, dass im Amazonasgebiet Bäume fallen.“ (J. G. Diaz, Stuttgart. Die Zeit 12.3.2020).

 

 

 

 

 

 

Vielen Baumarten in Stuttgart sagt das Klima zu

 

Für die mittlerweile überall in Stuttgart (und anderen Städten sowie jedem Auto-bahnmittelstreifen) spontan etablierten Gehölzneophyten Götter- und Blauglocken-baum, Eschenahorn und Robinie sind weder Risikoanalysen mehr angezeigt, noch lassen sich diese Arten heute noch zurückdrängen.2

Man sollte sie akzeptieren2 und ihre weitere Ausbreitung als natürlichen Prozess anerkennen. Unter Umständen sind solche Arten ein wichtiger Mosaikstein bei der Anpassung an strukturell degradierte, versiegelte und versalzte Böden und den Kli-mawandel in der Stadt.

Baumkataster und Statistiken, die Baumarten in Stuttgart und anderen Städten bi-lanzieren, erfassen fremdländische Baumschösslinge in Warteposition nicht. Deren Zahl übertrifft die der gepflanzten Bäume bei weitem. Eine Baumschule könnte ihren gesamten jährlichen Bedarf an Setzlingen in Stuttgart decken.

 

 

Kleine Bio-Kreislaufwirtschaft

 

 

 

Ohne weiteres könnte ein findiges Start-up tausende - hier etwa 100 (Blau-glockenbaum) - städtische Keimlinge von Baustellen und anderen ruderali-sierten Plätzen entnehmen und ein Jahr später der gleichen Stadt die auf einen Meter angewachsenen Exemplare als Klimabäume zum Stückpreis von € 29,95 verkaufen (nur etwas das ver-kauft werden kann, hat einen Wert).

 

 

D.h., solche ungeplanten Baumarten würden, liese man sie einfach wachsen, Stutt-gart innerhalb von 20 Jahren in einen ensiegelten, vollständig begrünten, halbschat-tigen Abenteuerspielplatz verwandeln. Rücksichtslos hätten sie in kürzester Zeit ent-scheidende Schritte wirksamer städtischer Klimawandelanpassung vollzogen, was ein Planungstross aus Politik, Verwaltung, Künstlern, Architekten und flankierende Wissenschaft in ähnlichen Zeiträumen nie erreichen würde. Schließlich geht es um die Schaffung funktionierender adaptiver ökologischer Systeme und nicht um die Verwirklichung einzelner - teils besserer, teils schlechterer - disziplinärer Ideen.

 

Ob sie das alles dürfen, interessiert Bäume nicht die Bohne.

 

Niemand käme auf die Idee diese Gehölze mittels grüner Plastikgießkannen, oder Gießfahrzeugen "Weltklima in Not - Stuttgart (gießt) handelt" und computergesteu-ertem Gießfahrzeug-Fahrtenprogramm mit Wasser zu versorgen. Sie sind kein Pfle-gefall wie der Wassersack-Baum nebenan - sie wachsen einfach. Warum eigentlich?

Ökologie und nachhaltige Klimawandelanpassung. Das alles steckt in der Antwort.

 

Betont sei an dieser Stelle, dass hier nicht tendenziell-stadtfeindliche Modelle3 propagiert, sondern zunächst ökologische Prinzipien gedacht werden.
Bei gesellschaftlichem Konsens, könnte man sie testen und fördern.

 

Darf es eine Spur wilder sein?

 

Im Gegensatz zu überall gepflanzter Baumschulware mit unangepasstem Wurzel-
ballen, brauchen die ungewollten Bäume keine Wassersäcke, weil sie ihr Wurzelsys-tem direkt am extremen Keim- und Wuchsort entwickeln4 und mit Hilfe einer ausge-klügelten Sensorik dort Wurzeln hinschicken, wo Wasser ist. Bei Stadtplanerinnen
Architektinnen/Stadtverwaltung/Gemeinderat/Umweltschutzämtern & -verbänden kein Thema. So werden Baumschulware und Bewässerung alternativlos. 


Zweifellos ist es eine freundliche Geste von Sponsoren, Bäume zu verschenken. Dennoch sollten bei Pflanzungen in Städten nicht Sortenkataloge, publicity und "Hauptsache geschenkt" die bestimmenden Kriterien sein.

 

Beispiel: Der Amberbaum

Neben dem Amberbaum aus Auwäldern Nordamerikas säumen weitere fremdländi-sche Arten wie Rot-Ahorn & Manna-Esche die Straßen (Beispiel Am Kräherwald).

Es handelt sich dabei, wie bei den spontan in Stuttgart aufkommenden Baumarten  um Neophyten5, genaugenommen aber um kostenintensive Neophyten.

 

 

Ökologischer Wurzelabdruck?

 

Sind Gedanken über den ökologischen Wurzelabdruck aufgepäppelter, mehrfach umgepflanzter, transportierter und dauerhaft bewässerter Bäume & Horizontalbäume in Klimawandelzeiten völlig abseitig? Eschenahorn und Blauglockenbaum brauchen lediglich Platz und Versickerungsmulden (Wasserretention) und vor allem Bewohner, Garten- und Friedhofsämter, Stadtplaner, Architekten, die mit einer solchen kosten-losen Ressource umgehen mögen/können. Gehölzbestände schaffen interessante und lehrreiche Formen von Natürlichkeit in der Stadt, wie man überall sehen kann.

Denkt man nur noch an hipp-gestaltete und zu bewässernde Grünfassaden, in die Horizontale gezwungene Bäumchen und von Tiefladern transportierte Dachbäume aus Niedersachsen6, Klimabäume, Computer-gesteuerte Gießinfrastruktur und Akti-visten-Bonus, sieht man freilich den Wald nicht, der darauf wartet - ganz ohne unser zutun - zu wachsen.


Der nachstehend näher beschriebene Chinesische Götterbaum hat es mittlerweile in die Unionsliste hoch-invasiver Arten geschafft. Die kritische Einschätzung ist nicht falsch, kommt aber leider 100 Jahre zu spät. Vor Invasionen schützt man sich, bevor deren exponentielle Vermehrung und Ausbreitung beginnt. Dies gilt auch für exoti-sche Baumarten, die wir auch heute noch überall pflanzen/freisetzen.

Mit deren Ausbreitung, ob in Berlin (Beiratsbeschluss NL-27-01-21), Frankfurt a.M., oder Stuttgart, dürfen wir uns dann in Zukunft herumschlagen, ändern aber nichts. Weder ist unser Umgang damit adäquat, noch haben wir daraus gelernt.

 


In der Stadt Natur zulassen und würdigen: für die Stadtbevölkerung die größte aller Herausforderungen.
 

Da die angesprochenen Arten von alleine in kürzester Zeit offene Flächen einnehmen würden, besteht heute weder der Zwang und schon gar keine Eile, „Zukunfts- oder Klimabäume (was ist ein Klimabaum?)“ zu produzieren und überall zu pflanzen. Derzeit wird lediglich der aus meist naheliegenden Gründen eingegangene/ungelieb-te Bestandesbaum am Straßenrand durch einen Baum südlicher Provenienz ersetzt. So wie dies i.d.R. geschieht, folgt man keinem klimatisch wirksamen Konzept, da die Restfläche auf denen ein Baum

 

  • steht
  • Wasser aufnimmt
  • eine klimawirksame Krone entwickelt7
  • sowie Fäkalien & atmosphärische Stickstoff-Einträge verstoffwechselt
     

wegen der städtischen Siedlungsdichte i.d.R. kaum erweitert wird. Die bisweilen präferierten mobilen Bäume, sind wegen unzureichender Wurzelmasse und Boden-volumen nicht in der Lage, eine großvolumige Krone mit Wasser zu versorgen. Das Argument, sie wären klimawirksam, ist daher zu hinterfragen. Aber vielleicht werfen sie ja ein wenig Schatten.

 

 

 

Stuttgarter Symbolökologie. So etwas in Zeiten des Klimawandels zu finanzieren, mag zwar der visuellen Beschwichtigung dienlich sein, ist aber tatsächlich perfide
ausgestalteter Sarkasmus.

 

Während die oben gezeigten ungepflanzten und ungeliebten Bäume die nötigen Denkanstöße geben, wie  Versiegelung und Schotterflächen durch tiefreichende Verwurzelung weggesteckt,, Strahlungsenergie absorbiert, und  Transpirations-kühlung erfolgt.

 

 

Haltungswandel im Klimawandel?

 

  • alte Parkanlagen unter keinen Umständen der Bebauung preisgeben
  • spontane Gehölzsukzessionen in der Stadt als eine mögliche Option, mit
    sich daraus ergebenden (persönlichen) Konsequenzen, begreifen
  • lernen, spontane Vegetation in gebaut/versiegelte Strukturen einzubin-
    den
     (z.B. in lokale Oberflächenabfluss-Einzugsgebiete wie Marienplatz,
    Pariser Platz)
  • etwas lernen, über Gehölz-erhaltende Infrastruktur; damit Baumbestände
    alt werden können. Gegensatz wäre der Wassersack-Pflegefall
  • Vegetation in der Stadt immer in Zusammenhang mit lokalen Wasserressour-cen (Niederschlag & Einzugsgebiet - nicht Bodensee!) denken
    Siehe auch oben: Die Biologie von modelliertem Grünvolumen
  • sich nicht darüber sorgen, Gärtnerinnen wären damit ihrer Verdienstgrund-
    lage beraubt. Statt mit der permanenten Nachlieferung-Pflanzung-Kompost-ierung und technischem Erhalt von Stadtgrün, wird (dies ist kein Plädoyer gegen Tulpenbeete, wenig dauerhaften Vertikalbepflanzungen, oder Baum-schulen) mit gelingenden ökologischen Konzeptionen Geld verdient
  • sich von der Vorstellung, dem Klimawandel in der Stadt aktiv zu begegnen gelänge störungsfrei, nach dem Motto „so wie bisher und als Zugabe beein-druckendes Techno-Grün“ verabschieden
  • Ökosystemleistungen in Wert setzen - Versiegelung (Autoinfrastruktur) nega-tiv in Wert setzen
  • dies nicht als pauschale Kritik verstehen. Innovatives gerne hochjubeln, aber darüber nicht vergessen, es in seiner Wirksamkeit/Nachhaltigkeit auch quali-fiziert (d.h. möglichst weder von denjenigen, die es bestellt, noch denjenigen, die es gebaut haben) zu beurteilen
  • schauen, wie weit man in anderen Städten in diesem Zusammeng bereits ist
  • etwas über Stadtnatur wissen. Lesen! 
  • man kann heute damit anfangen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Für das zunehmend eher medi-
terrane Stuttgarter dolce vita ist
auch mit 
Oliven-Bäumchen, Pal-
men im Topf und einem Stadt-strand gesorgt.

Dazu ein caffè und ein Klima-Innovationsrat.

Man wünscht sich, Klima-Innovationsbei- und Stadträt-Innen hätten etwas von dem Stuttgarter Geo-botaniker Heinrich K. Walther gehört - noch besser - gelesen und darüber nachgedacht. Die Kooperation Stuttgarts mit der Naturschutzorganisation The Nature Conservancy (TNC), die herausragende Ökologen beschäftigt ist tatsächlich brillant. Was werden sie vorschlagen und wird Stuttgart zuhören und sich verändern?

 

[Die Tatsache, dass der größte Millionen-Anteil städtischer Fördermittel in verschiedenen Mögichkeiten Fassaden zu begrünen fließt, sollte man sich - v.a. wenn es sich um dort nicht freiwillig wachsende Pflanzenarten (Efeu, Wald-, Jungfernrebe) handelt - klarmachen, daß effiziente (Evapo)Transpirations-kühlung von der Wasser-Verfügbarkeit abhängt. Ob man sich die Unterhaltung dauerwasserversorgter Pflanzkübel in echten Trockenjahren überhaupt leisten kann (Lokale Wasserressourcen vs. Wasser-import), wird bei frisch bepfplanzten Wänden meist nicht mitgedacht. Durch den permanenten Hinweis, dass Stadtbäume in der Stadt an Trockenheit leiden - man schaue sich an, welche Bäume an welchen Wuchsorten das sind - wird vergessen, dass Kübelpflanzen mit ihrem zwangsläufig ungünstigen Wurzel/
Sproß-Verhältnis noch mehr leiden werden. Abgesehen davon, wie hoch bzw. wie alt dürfen Bäume auf Gebäuden eigentlich werden?]

2

Bis zur Mitte dieses Jahrhunderts werden durch globale Handelsströme tausende weitere Tier- und Pflanzenarten in Mitteleuropa einwandern. Im Gegensatz zum Zauberlehrling, bei dem ein Zauberspruch genügte, dem Treiben Einhalt zu gebieten, werden verstärkte Eindämmungsmaßnahmen, angesichts unserer einstigen und heutigen Ahnungslosigkeit - es wird alles gepflanzt, was der Markt, bzw. das grüne Werbebudget hergibt - bestenfalls zu einer moderaten Verlangsamung der Pflanzen-  und Tierinvasionen beitragen. 

3

Es lässt sich problemlos entscheiden, wo  - etwa wegen zu erwartender Schäden an Gebäuden - gerodet
werden muss. Man könnte zur Frage Erhalt ja/nein die Anwohner befragen „Darf der das“  und erhält so ein quartierbezogenes Stimmungsbild, ob Klimaanpassung oder Parkplätze bevorzugt werden, ohne dass die Stadtverwaltung sich dem Vorwurf aussetzt, Anwohnerwünsche zu ignorieren. Moderieren statt bestimmen.

Inwieweit grünen Stadtutopien bisweilen ein tendenziell stadtfeindliches Modell“ unterliegt klärt der Artikel von F. Lohrberg (2002): Die ökologische Stadt - eine Absurdität. Landschaftsplanung.NET. 1 - 3.
 

4

Forscherinnen, die aufzeigen, dass etwa Südost-europäische (u.a.) Baumarten in Deutschlands Städten besser performen als einheimische, vergleichen in der Regel Baumschulware und kaum sich vom Samen bis zum ausgewachsenen Baum entwickelnde heimische Baumarten, also solche, die neben einem (städtischen) Adaptationsprozess auch einen Ausleseprozess durchstanden haben. Nun sind  schnelle Anpassungsschritte der Städte und Gemeinden an den Klimawandel zweifellos begründet, aber warum fokussiert man auf nur zwei Alternativen (Baumarten/Bewässern) mit erheblichen Nachteilen?
Vielleicht weniger das Problem politischer Überzeugungen, als vielmehr Ausdruck einer angesichts der Herkulesaufgabe Klimawandelanpassung im Stuttgart-21-Umfeld immer schon marginalisierter, nun aber erstarrter Umweltverwaltung.

Reuter, U. & R. Kapp (2019): 
Studie zur Umsetzung von kommunalen Klimawandel-Anpassungsmaßnah-
men in der Stadt Stuttgart
. 42 S.. „Weiterhin konnte festgestellt werden, dass die Zusammenarbeit der Ämter in der Stadtverwaltung auf unterschiedlichen (Standard-)Prozessen/Vorgängen basiert, die im Einzelfall nicht immer geeignet sind, gemeinsam eine Anpassungsmaßnahme umzusetzen.“

5

Spätestens, wenn diese Gehölze reichlich fruchten, werden sie sich ebenso unkontrolliert über das Stadtgebiet ausbreiten, wie heute Blauglockenbaum, Götterbaum und Eschenahorn, die dafür über 70 Jahre Gelegenheit hatten. Welche Schlüsse sind daraus zu ziehen und wie zeitgemäß sind die vielen Be-kämpfungsanleitungen für neophytische Gehölze, wenn die meisten als „Klimawandel-Zukunftsbäu-me“ von der Forstwirtschaft bereits gesetzt und die Arten ohnehin in jeder Baumschule erhältlich sind?
Definitiv gibt es auch keine wissenschaftliche Basis, wonach es etwa eine Vorsorge/Sicherheits-Schwelle durch eine Deckelung (Kontrolle) des Anteils auf 25% fremdländischer Gehölze in Baden-Württembergs Forsten gäbe.

Vor baumlosen Steppen (Peter Hauk MdL; Forstwirt) muss man sich in Baden-Württemberg nicht fürch-ten, weder in der Stadt, noch auf dem Land. Vor 'Stimmungspolitik' und dem unbedingten Willen alles zu gestalten, schon.

6

Wenn wenige Quadratmeter vertikales Grün heute - bis zum Schneebruch - wirksamen Klimaschutz bedeuten und  diese horizontal wachsenden Bäume mehrere zehntausend Euro kosten (VHS, Rotebühl-platz) ist zu fragen, ob eine solche „Ökologisierung des Bauens nicht zur reinen Statuspflege geriert, zum Prestigeobjekt einer Bevölkerungsgruppe, die ihr grünes Gewissen weithin sichtbar demonstriern will“ (H. Rautenberg; Die Zeit 11.2.2021). Wie lang dürfen Bäume horizontal wachsen, bis sie selbst und ihre Aufhängungen kollabieren? Sind die aus Stabilitäts (Gewichts)gründen kleinen Krönchen tatsächlich relevant für das Stadtklima, wie vielfach zu lesen ist? Wie sind solche Gewächse hinsichtlich des Kronen(wasser)rückhalts bei Starkregenergeignissen - durchaus ein Stuttgarter Thema - zu beurteilen? Genug Gründe also, über ökologische/selbsterhaltende und vor allem nicht nur öffentlichkeitswirksame Vegetations-Konzeptionen für die Stadt nachzudenken.

 

Zur Dachbaum-Pflanzung der neuen Calwer-Passage (Stuttgart) wurden im Mai 2021 bis zu 10 Meter
hohe Bäume aus einer Baumschule in Niedersachsen verwendet. Überschlagsweise wurden bei dem Tieflader-Transport 1t Kohlendioxid freigesetzt. Bei einer jährlichen Bindungskapazität von 10 kg/CO2
haben die Dach-Bäume in Stuttgart demnach 10 Jahre (Assimilations-)Bringschuld, bis sie selbst klima-neutral werden.
Dabei geht  es nicht darum, ein zukunftsweisendes und unverwechselbares architektonisches Konzept
(Ferdinand Piëch; Bauherr) und Leuchtturmprojekt, das in nordeuropäischen Breiten seinesgleichen sucht zu unterminieren, sondern darauf hinzuweisen, dass eine schlagartige Etablierung eines Dach-wäldchens hinsichtlich der CO2-Bilanz fragwürdig war, während der Rückgriff auf lokale Jungbäume eine völlig unkritsche Entscheidung gewesen wäre.


Wie überall gilt auch bei der sog. Ökologisierung des Bauens: Je mehr Superlative im Spiel sind, umso genauer sollte man hinsehen.

         

 

 

 

 

 

             Zweifellos eine tolle Fassade des Gebäudes der Wirtschaftskanz-
             lei CMS 
und eine glückliche Fügung, dass bei Büroarbeitsplätzen
             Tageslicht eher stört.

 

 

Der Clou: 2025 über 100 Bäume bei den Wagenhallen (C1) fällen, damit endlich Platz für urbane Experimentierfelder (Hochbeete & Grasflächen) entsteht. Als müsste man diese administrativ verordnen. 

 

7

Etwa: Platanen mit einer quadratisch zurechtgestutzten Krone, damit eine architektonisch bedeutsame Fassade nicht verdeckt wird, oder weniger lästiges Laub anfällt, dokumentiert Gestaltungswillen/städt-ische Ästhetik - mehr aber nicht. Da Bäume ohne Krone nicht wachsen (der ideale Architekten- und Stadtplanerbaum), binden sie weder nennenswert  CO2, noch erreicht ihre Transpirationskühlung ein wirksames Niveau.

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