Limnoterra
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Flüsse und Bäche

Fließgewässer heute

Neckar bei Esslingen. Industriekanal-Ökologie-Ästhetik.

 

Fließgewässersysteme haben sich über Jahrtausende in Abhängigkeit der gege-
benen B
edingungen (Form der Land-oberfläche, Niederschlag, Höhenlage
/Gefälle, Geologie) quasi evolutiv ent-
wickelt.
 

 

 

Sie dienen im dicht besiedelten Gebiet, wie dem Mittleren Neckarraum, nur mehr selten unserer Wasserversorgung. Vielmehr wird Trink- und Brauchwasser aus Regionen mit qualitativ gutem Wasser importiert.

 

 

 

Bäche und Flüsse müssen in stark besiedelten Regionen

 

  • im Mittel mehr Wasser aufnehmen, weil eingeleitetes Abwasser aus fremden Wassereinzugsgebieten stammt, aber auch, weil durch schnelle Ableitung viel weniger Wasser vor Ort verdunstet

  • die durch Oberflächenversiegelung hervorgerufenen schnelleren & höheren  Niederschlagsabflüsse transportieren

  • unser komplettes Abwasser entsorgen.  Wir düngen die Flüsse – Düngemittel
    die Felder. Hochwirksame Arzneimittel-Rückstände belasten mittlerweile die Gewässerorganismen. Die Fische werden u.U. verspeist und wir schätzen Naturerfahrung am plätschernden Bach mit multiresistenten Bakterien 

  • auf ihre Aue verzichten (Auenzustand Deutschland). Durch die stark erosiven Abflüsse wurden viele Fließgewässer (Mini-Canyons) von ihrer Aue entkoppelt, wenn sie nicht ohnehin durch bauliche Maßnahmen von ihr getrennt wurden, um Platz für Intensivgrünland1, Industrie, Siedlung und Sport zu schaffen

  • unseren Müll - man findet die unglaublichsten Dinge in Gewässern - weg-transportieren

  • wasserbaulichen Maßnahmen wie Begradigung (Beispiel Ammer) und Querverbau (Hochwasserrückhalt2) standhalten.

 

In weitgehend austarierten Fließgewässer-Systemen (Entwicklungszeiträume s.o.) hat jeder Eingriff unerwünschte Folgen3 und zieht korrigierende Wasserbau- oder Renaturierungs-Maßnahmen nach sich. Eine "Renaturierung der Morphologie" gelingt bisweilen deshalb, weil Fließgewässer durch ihre Dynamik einen hohen Grad an Resilienz (anders als Moore) aufweisen.

Gewässerbeurteilung nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL Artengruppen) und Gewässerstrukturgütekartierung der Bundesländer stehen leider weitgehend beziehungslos nebeneinander. Eine Harmonisierung zwischen Zielen und Methoden4 herbeizuführen, wäre nach 20 Jahren (weitgehend erkenntnisloser) parallel-laufender Erhebungen eine lohnende Aufgabe.

2021 startete der dritte Bewirtschaftungszyklus der Europäischen Wasserrahmen-Richtlinie (EU-WRRL), an dessen Ende 2027 alle Gewässer einen „guten Zustand“ erreichen müssen. Zur Ausgangslage und Abschätzung einer möglichen Zielerrei-chung siehe die Bilder oben. Zu Beurteilungsgrundlagen und Maßnahmenkonzepten ein Beispiel.

Natürliche Gewässerstrukturen und Renaturierung

 

Bei natürlichen Fließgewässern sind Elemente charakteristisch, die dem Wasserrückhalt (Stufenstruktur der Kalkbäche, Verklausungen, Aue)  dienen. Strukturen, die in ausgebauten Gewässern (Leitgedanke: schneller Wasserabfluss) fehlen.

Biber

Gewässerpflegerinnen sind manchmal Spielverderber.

 

Biber beschleunigen die eigendynami-sche Entwicklung der Flüsse und Bäche, die längerfristig aber von selbst ablaufen würde.

 

 

 

 

 

 

Limnoterra schätzt Biber als fröhliche Landschaftsanarchisten. Dennoch: Bäume an Bachböschungen fallen über kurz oder lang in das Gewässer, auch ohne dass hierfür Nagezähne in Aktion treten müssten.

Warum ist der Neckar braun?

 

Die Bilder zeigen einen Maisacker im Schwäbischen. Er hat eine Fläche von 1/2 Hektar (= 5000 m²). An der Grenze Grünland/Acker ist eine Stufe von 20 cm ausgebildet. Sie entstand durch Erosion in den letzten 10 Jahren. In diesem Zeitraum sind somit 0,2m mal 5000m² = 1000m³ Erdmaterial verschwunden.

 

 

Bei der Dichte von 1,5 t/m³ (Schluff) wurden von dieser kleinen Fläche inner-halb von zehn Jahren 1500 Tonnen bester Oberboden fortgespült.

1

Wäre angesichts häufiger Dürrejahre mit annähernd Totalausfall  des  Wiesenaufwuchses die eine oder andere verbleibende "Nasswiese" nicht ökonomisch vertretbar (Risikostreuung)?

2

Wasserrückhalt in der Landschaft ist eine der wichtigsten Querschnittsaufgaben der Gegenwart und sollte fachübergreifend gedacht werden. Die derzeit noch verbreitete Einstellung - überspitzt formuliert „Wasserbautechniker kümmern sich um Wohl und Sicherheit der Menschen und Ökologen um Biber und etwas Renaturierung“ wäre zu überdenken. Wasserrückhalt in der Landschaft, nach Jahrhunderten der Gewässerbegradigung, Tiefenerosion und Absenkung der Fluss- und Bachwasserspiegel und nachfolgen-de Austrocknung der umgebenden Landschaft - Klimawandel ist nur der "meteorologische Teil" der Dürre- und Hochwasserprobleme - bedeutet etwas anderes, als die um eine Klasse veränderte Gewäs-ser-Strukturgüte. Auch ist ein terrestrischer Biotopverbund ohne funktionierende „Lebensadern“ nur ein halber.

3

Die Summe der sich über Jahrzehnte einstellenden unerwünschten Nebenwirkungen übertreffen meist die beabsichtigte Hauptwirkung.

4

Die meisten verwendeten Strukturparameter in Fließgewässern sind (Prägt Wasser ein Gewässer, so hängen alle inneren Strukturparameter zusammen - sind untereinander scheinkausal) zwangsläufig

hoch korreliert und tragen für sich wenig zum Verständnis der lokalen Besiedelung durch Gewässer-organismen (EU-WRRL-Qualitätskomponenten) bei.
Hinzu tritt die für die meisten Gewässer gültige Tatsache, dass das Einzugsgebiet den unter Beobacht-ung stehenden Gewässerabschnitt stärker beeinflusst als die lokalen Verhältnisse selbst.  Aus solch un-geeigneten Parametern werden dann nicht selten die höchsten Korrelationen gefischt und als wissen-schaftlich evident präsentiert. Zudem wird meist das Makrozoobenthos berücksichtigt (one in - all in?).

Organismen-Modelle sind leider nur so gut, wie Ausgangsdaten ökologisch relevant. Fehlen diese, blei-ben Massen-Daten & Statistikprozeduren (UBA 2014Strahlwirkungskonzept).

 

Wären wir gesellschaftlich gezwungen, relevante und gut ausgestattete ökologische Forschung und ihre Umsetzung mit einer Wirkungsabschätzung unseres Tuns unmittelbar zu verbinden, müsste nicht im Nachgang das Zerstörte zunächst irgendwie wissenschaftlich erklärt, und dann mit dem Bagger opti-miert werden.

Dem Klimawandel die längst degradierten Fließgewässersysteme und häufig nicht mehr tragfähigen Einzugsgebiete anzulasten - auch wenn klimatisch bedingt höhere Niederschlagsintensitäten und Trockenphasen sie jetzt immer stärker strapazieren werden - ist ein weiterer Schritt in der Kaskade von im Grunde recht überheblichen technologisch-politischen Fehleinschätzungen.

Ob etwaige tiefere Einsichten in unsere Unzulänglichkeiten (bereits deren Eingeständnis wäre ein Fort-schritt) tatsächlich Konsequenzen nach sich ziehen?

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