Es macht einen Unterschied, ob man über den weltweiten Artenschwund ausschließ-lich regelmäßig über alle möglichen Medien unterrichtet wird, oder im eigenen Um-feld versucht, über die Gründe nachzudenken.
Es wird angenommen, dass im wesentlichen drei Aspekte zu berücksichtigen sind, um (hier) Pflanzenarten-Vielfalt eines Lebensraums zu verstehen. Unter Lebensraum wird hier ein strukturell unterscheidbarer Bereiche in Landschaft und Stadt, wie z.B. ein Feldweg, eine Parkwiese, oder ein Feldgehölz verstanden.
Drei Gesichtspunkte von denen Vielfalt und Spezifität der Pflanzen abhängen sind
Die Bedeutung des Artenpotentials (1.) ist trivial. Nur dort wo Arten vorkommen, können sie in den betrachteten Lebensräumen auch gefunden werden.
Standort (2.) nennt man (etwas verquast) die Summe der Umweltbedingungen, die den Wuchsort einer Pflanze, oder einer Pflanzengemeinschaft, prägen. Der Stand-ortsbegriff wird in den
Biowissenschaften leider fast immer falsch verwendet, näm-lich als konkreter Wuchsort einer Pflanze. Wirtschaftswissenschaftler verwenden ihn
(z.B. Standortsvorteil = Wirtschaftsfaktor) genau wie die Ökologen.
Jeder Quadratmeter der Landschaft wird von uns in irgend einer Weise genutzt. Die Art der Nutzung (3.), die zyklisch jährlich, oder wöchentlich erfolgen kann (eggen, säen, ernten, pflügen; Kehrwoche), als auch Störung, die außer der Norm die Ve-getationsentwicklung beeinträchtigt/unterbricht, ist zu berücksichtigen.
Abhängig davon, wie lange ein Feldweg - hier mit wassergebundener Decke - schon existiert und was sich in seinem Nahumfeld befindet, lässt sich über Besiedlungszeiträume und -möglich-keiten spekulieren.
Die Befahrungsintensität und Pflege (Nutzung, Störung) bestimmt die Aus-prägung der verschiedenen Kleinst-lebensräume des Feldwegs.
Wege werden im Zusammenhang mit Artenvielfalt nicht selten als negativ, z.B. als artenfeindliche Zäsur betrachtet. Das folgende Beispiel zeigt, dass das nicht zwangs-läufig sein muss. Nur findet man solche Wege in der Landschaft kaum mehr, und immer noch bekommen sie, da ihnen im Rahmen von Flurbereinigungsmaßnahmen keine Bedeutung beigemessen wird, eine Asphaltdecke verpasst.
Ähnliche Beispiele artenreicher Wegstrukturen gibt es im täglichen Lebensumfeld in Stadt und Land. Der oben gezeigte Feldweg zeigt eine hohe Alpha-Diversität und eine hohe Beta-Diversität seiner Teillebensräume. Seine Beta-Diversität ist dabei höher, als zwischen den benachbarten (durch ihn getrennten) Wirtschaftsflächen. Für eine Biotop-Verbundplanung1 müsste man hier eher das Wegenetz berücksich-tigen, als die 'naturnäheren' Wiesen & Äcker. Da entsprechende Planungen aber fernab, nämlich am Computer auf der Datenbasis gesetzlich geschützter Biotope erfolgt, fallen lokal wichtige Aspekte oft unter den Tisch.
Da ein solcher Weg nicht im Rahmen des Biotopverbundes auftaucht, ist die Wahr-scheinlichkeit, dass sein Artenreichtum nach Ertüchtigung des Wegenetzes, versch-windet, hoch. Eine grobe Schätzung der Länge aller Wirtschaftswege Deutschlands ergibt rd. 500.000 Kilometer, dies entspricht etwa dem 12fachen des Erdumfangs.
Ein Brückenschlag vom ignorierten Feldweg in eine globale Diversitäts-Dimension?
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Wanderweidewirtschaft (Transhumanz) war im Offenland die wohl wirksamste Form eines landschaftsübergreifenden Biotopverbundes. Straßen, die ja auch der Verbindung
dienen, unterbinden leider genau diese Form der Vernetzung von Lebensräumen, da Herden sie, ohne Verkehrschaos anzurichten, nicht mehr queren können. Die Lebensraumausstattung von Asphaltstraßen ist
den Landschaften, die sie durchschneiden eher fremd, wodurch ihre Bedeutung als Eintrittspforten fremdländischer Arten schwerer wiegt, als ihre im Sinne des Artenschutzes, verbindende.
Vorstellungen man solle nach menschlich/wissenschaftlichem Artenverständ-nis vernetzen, ist angesichts der Datenlage ein kühnes Unterfangen, ohne Gewähr auf Erfolg. Ersetzt man differenzierte
Landnutzung, die nachweislich zu der hohen Biodiversität der historischen Kulturlandschaft geführt hat, durch eine marktkonforme und reichert diese durch Vernetzungsstrukturen an, kompensiert dies
meist gar nichts. Fließgewässer die sich über Strahlwir-kung kostengünstig quasi selbst renaturieren - ohne den Landschaftswasser-haushalt
einzubeziehen - ist Teil kompensatorischer Vernetzungsillusionen.